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Als Teil der WLTP-Zertifizierung muss die Einhaltung der Grenzwerte im so genannten RDE-Straßentest (Real Driving Emissions) nachgewiesen werden. Bei Mercedes-Benz Cars finden diese Fahrten lange vor der eigentlichen Zertifizierung statt und sind fester Bestandteil der Fahrzeugentwicklung. Hierfür werden die Entwicklungsfahrzeuge mit portabler Emissionsmesstechnik (PEMS, engl.: Portable Emission Measurement System) ausgestattet. Die Messkoffer sitzen auf der Anhängekupplung oder finden im Kofferraum Platz. Die Messinstrumente analysieren während der realen Messfahrt den Gehalt an Gasen sowie die Partikelanzahl (PN, engl.: Particle Number).
Ob geräumiges E-Klasse T-Modell mit Anhängekupplung, zweisitziger smart oder G-Klasse mit Sidepipes: Die PEMS-Messtechnik muss entweder im Kofferraum untergebracht oder am Heck des Fahrzeugs befestigt werden. Ist keine Anhängekupplung verfügbar, muss ein komplexerer Aufbau gewählt werden. Mercedes-Benz setzt PEMS-Geräte verschiedener Hersteller ein. Je nach Modell hat das bis zu 75 Kilogramm schwere und über 100.000 Euro teure Gerät die Maße eines großen Reisekoffers oder eines Umzugskartons. Während des Betriebs auf der Straße übernehmen integrierte Lithium-Ionen-Akkus die Stromversorgung des PEMS-Geräts. Damit ist das Gerät autark vom Bordnetz des Fahrzeugs.
Die Vorbereitungen sind umfangreich: Bei der Außenmontage ist ein zweites Nummernschild wie bei einem Heck-Fahrradträger obligatorisch. Zur Qualitätsabsicherung gehören bei Mercedes-Benz eine Kalibrierung der Anlage vor jeder Fahrt sowie regelmäßige Wartungen und Dichtheitschecks. Zusätzlich wird vor jeder Messreihe die PEMS-Anlage gegen die Prüfstandmesstechnik validiert. Nur wenn die Ergebnisse der PEMS-Anlage mit denen der Emissions-Rollenprüfstände übereinstimmen bzw. innerhalb gewisser Toleranzen liegen, kann mit den Straßenfahrten begonnen werden. Bei jeder Messfahrt nehmen die Fahrer zum persönlichen Schutz ein kleines Gaswarngerät mit an Bord, um bei einer möglichen Leckage austretendes Gas rechtzeitig zu erkennen.
An den Endrohren des Auspuffs werden Adapter und Leitungen aus Edelstahl befestigt. Auch hier sind individuelle Lösungen für jedes Fahrzeug gefragt. Zugleich kommt es darauf an, über einen strömungsgünstigen Verlauf des Rohrsystems möglichst wenig Gegendruck für den Motor zu erzeugen. Reine Kunststoff- oder Silikon-Verrohrungen sollten nicht verwendet werden, da diese zu einem falschen und erhöhten Partikelanzahl-Wert führen können. Die Leitungen münden in ein waagrechtes Messrohr. Dort wird der Abgasmassenstrom gemessen, um die Abgasmenge für jeden Zeitpunkt der Messfahrt zu bestimmen. Dabei wird ein so genanntes Exhaust-Flow-Meter (EFM) eingesetzt. Hinzu kommen Umweltinformationen wie GPS-, Temperatur-, Druck- und Feuchtedaten von Sensoren. So lässt sich später ein genauer Zusammenhang von Fahrsituation und Emissionsergebnis bilden.
Hinter dem EFM wird über eine Sonde ein kleiner Teil der Abgase entnommen. Über einen beheizten Schlauch wird dieser Abgas-Teilstrom kontinuierlich dem Analysegerät zugeführt.
Die Messinstrumente analysieren unter anderem den Gehalt an Kohlenmonoxid (CO), Kohlenstoffdioxid (CO2), Stickoxiden (NOx) - gebildet aus der Summe aus Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2) - sowie die Partikelanzahl (PN). Das Gerät wird vor jeder Messfahrt mit Prüfgasen bekannter Konzentrationen kalibriert. Danach erfolgt die Messfahrt und im Anschluss erneut eine Überprüfung der Anlage mit den gleichen Prüfgasen. Erreichen die Analysatoren nicht die zuvor kalibrierten Werte, liegt eine so genannte „Analysatordrift“ vor. Übersteigt die Drift eines Analysators bestimmte Grenzen, wird die Messfahrt für ungültig erklärt.
So wird im Detail gemessen
Die gasförmigen Emissionen und die Partikelanzahl werden mittels verschiedener Verfahren analysiert. Für die Bestimmung der CO- und CO2-Konzentration wird ein optisches Verfahren im Infrarotbereich eingesetzt. Die Stickoxide werden je nach Anlage mit unterschiedlichen Messprinzipien bestimmt. Zum Teil kommt ein optisches Verfahren im Ultraviolettbereich oder ein Chemilumineszenz-Detektor (CLD) zum Einsatz. Hierbei entsteht durch eine chemische Reaktion Licht, das von einer Fotozelle in ein elektrisches Messsignal umgewandelt wird. Auch für die Bestimmung der Partikelanzahl werden je nach Hersteller unterschiedliche Messverfahren eingesetzt.
Das PEMS-Gerät zeichnet alle gemessenen Werte als Rohdaten auf. Diese Rohdaten werden abschließend mit einer speziellen Software ausgewertet und die streckenabhängigen Emissionen in einem Ergebnisprotokoll ausgewiesen.
Absolviert wird die PEMS-Fahrt im realen Alltagsverkehr, natürlich immer unter Einhaltung der Straßenverkehrsordnung. Mercedes-Benz ist bei den PEMS-Messungen auf verschiedenen Strecken unterwegs, welche die Testfahrer anhand der im Navigationsgerät abgelegten Routen abfahren.