Der Wiederanfang nach dem Zweiten Weltkrieg

25.08.2005
Der Zweite Weltkrieg hat den Exporthandel weltweit stark zum Erliegen gebracht. So auch bei Daimler-Benz: An den Heimatstandorten in Deutschland muss eine regelrechte Serienproduktion erst wieder aufgenommen werden. Die Werke werden aus den Trümmern neu aufgebaut, und im November 1945 ist es soweit: Mit ausdrücklicher Erlaubnis der amerikanischen Militärregierung beginnt die Fertigung des Vorkriegsmodells Typ 170 V.
Schon vor 1948 entstehen frühe Pläne, den amerikanischen Markt erneut zu erschließen – man kann es ruhig einen Neuanfang nennen, denn von der Vorkriegszeit ist nichts übrig, an das man hätte anknüpfen können. Konkret wird es freilich erst von 1952 an: Der Exportleiter Arnold Wychodil stellt die Idee vor, „in den USA in zwei oder drei Städten mit guten Händlern“ Personenwagen von Mercedes-Benz zu verkaufen; gleichzeitig will man den Kundendienst im Ausland verbessern. Eine Reise dorthin habe ergeben, dass insbesondere die Typen 300 und 300 S gute Chancen hätten, 800 bis 1000 Fahrzeuge könne man im Jahr absetzen. Beworben hat sich jedoch nur ein Automobilhändler: Maximilian („ Maxi“) Hoffman. Der machte zunächst „keinen günstigen Eindruck“ , wie ein Vorstandsprotokoll von 1952 vermerkt. Und doch: Hoffman wird im Juli erster Generalvertreter zum Vertrieb von Mercedes-Benz Personenwagen und der dazugehörigen Ersatzteile im Osten der Vereinigten Staaten, er erhält den Auftrag, dort das Vertriebs- und Kundendienstnetz aufzubauen. Bis Dezember 1952 kommen zwei weitere Vertretungen hinzu: Die International Motors Inc. für Süd-Kalifornien und die Riviera Motors Inc. für Nord-Kalifornien einschließlich Nevada, Washington und Oregon. Stets wird sehr viel Wert auf den Kundendienst gelegt. Angeboten werden ausschließlich Personenwagen, und zwar die gesamte Palette, freilich mit Schwerpunkt auf dem Typ 300.
Die Fahrzeugwerbung obliegt den Vertriebspartnern, doch den größten Beitrag leistet Mercedes-Benz selbst: Die Marke fährt beim „24-Stunden-Rennen von Le Mans“ im Juni 1952 und bei der „Carrera Panamericana Mexico“ im November 1952 mit dem Sportcoupé 300 SL zwei Doppelsiege ein, die weltweit Aufmerksamkeit bescheren.
Schon im November 1952 äußern die amerikanischen Händler den Wunsch nach einem Sportwagen von Mercedes-Benz, und bald wird daraus ein Drängen. Denn der amerikanische Markt nimmt europäische Sportwagen in großen Stückzahlen auf, und Marken, die so etwas nicht bieten, haben einen schweren Stand. Dazu zählt auch Mercedes-Benz – die Verkaufszahlen insbesondere des Typs 300 bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Ein weiterer Grund ist allerdings auch das Fehlen des in Amerika sehr beliebten Automatik-Getriebes.
Maximilian Hoffman unterstreicht die Bedeutung eines Sportwagens eigens mit einem Besuch in der Unternehmenszentrale in Stuttgart. Das Ergebnis: Ein kleiner Sportwagen soll gebaut werden, der 190 SL. Maximilian Hoffman ist nicht zufrieden. Das Basis-Chassis sei zu lang, das Auto zu schwer, damit könne er auf dem wichtigen amerikanischen Markt nicht reüssieren. Schließlich fällt dann die Entscheidung: Der 300 SL, zunächst ausschließlich für den Renneinsatz konzipiert, kommt in einer Straßenversion. In der Modellpalette fehle „ein Fahrzeug, das den Namen Mercedes-Benz wieder vergoldet“, resümiert der Vorstand. Der Serien-300 SL kommt im Jahr 1954, der 190 SL ein Jahr später. Damit ist das Parkett des amerikanischen Automarkts nach dem Zweiten Weltkrieg erneut betreten. Im April 1955 wird die Daimler-Benz of North America mit Sitz in New York gegründet; sie ist eine reine Importgesellschaft, der Vertrieb liegt weiterhin bei Maximilian Hoffman, der seit Januar 1954 Generalvertreter für die gesamten Vereinigten Staaten ist.
Parallel dazu hat Daimler-Benz Interesse, wieder in die Entwicklung und Fertigung von Flugzeugtriebwerken zu starten und sucht einen international starken Partner. Die Wahl fällt im März 1956 auf den amerikanischen Flugmotorenhersteller Curtiss Wright, da er bereits eine eigene Verkaufsorganisation hat und zudem gerade im Begriff ist, einen Managementvertrag mit dem Autohersteller Studebaker-Packard abzuschließen, der seinerseits über 2500 Händler verfügt. Das hat insofern großes Gewicht, da man mit der Arbeit Maximilian Hoffmans mehr und mehr unzufrieden ist – zwar ist er überaus erfolgreich beim Verkauf von Mercedes-Benz Personenwagen, doch vernachlässigt er den Kundendienst und die Ersatzteilversorgung, so dass es Reklamationen gibt und der Ruf der Marke Mercedes-Benz Schaden zu nehmen droht.
1957 schließt Daimler-Benz einen Vertrag ab mit Studebaker-Packard über den alleinigen Vertrieb für die Personen- und Lastwagen in Nordamerika, Kuba und Mexiko. Kurz danach wird die Vereinbarung mit Maximilian Hoffman gekündigt. Der Verkauf von Mercedes-Benz Fahrzeugen über die Studebaker-Händlerorganisation lässt sich jedoch sehr zäh an. Schließlich gerät der amerikanische Partner in wirtschaftliche Schwierigkeiten und kümmert sich in diesem Überlebenskampf noch weniger um den Mercedes-Benz Vertrieb. Die Stuttgarter schaffen es, sich zum Jahresende 1964 aus dem Vertrag herauszulösen, und zum 1. Januar 1965 übernimmt die neu gegründete Gesellschaft Mercedes-Benz of North-America (MBNA) die gesamten Verkaufsaktivitäten. Sie baut eine schlagkräftige Händlerorganisation auf und legt damit den Grundstein für einen heute immer noch starken Vertrieb.
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