Alternative Kraftstoffe für Lkw und Busse: Von Diesel über Erdgas und BTL zu Wasserstoff

12.11.2007
  • Strategie: von fossilem Diesel über BTL zu Wasserstoff
  • Biodiesel in Reinform verlangt Vorkehrungen
  • NExBTL ergänzt sinnvoll Biodiesel
  • BTL als Kraftstoff der Zukunft für Dieselmotoren
  • Langzeit-Praxistest von BTL in Actros und Atego
  • Leise und wenig Abgase: Citaro und Econic NGT mit Blauem Engel
  • Biogas kann Erdgas als Kraftstoff ablösen
  • Mit Wasserstoff und Brennstoffzelle zum Zero Emission Vehicle
Parallel zur Entwicklung kraftstoffsparender und umweltschonender Antriebe betei­ligen sich Daimler Trucks und Daimler Buses an der Entwicklung von Alter­nativ­kraft­stoffen. Sie sind ein wichtiger Weg zur Vermeidung von Emissionen sowie zu mehr Unabhängigkeit von fossiler Energie. Ambitionierte Vorgaben der Politik in der EU, in den USA und Asien forcieren die Einführung. So wird die Nachfrage nach Energie in der EU zwischen den Jahren 2000 und 2030 um etwa 20 % zunehmen, während gleichzeitig die Energie-Erzeugung in diesen Ländern um etwa 25 % sinkt. Die EU-Kommission hat deshalb klare Ziele vorgegeben: Bereits im Jahr 2010 sollen Bio­kraft­­stoffe einen Anteil von knapp 6 % und Biogas von 2 % des Treibstoffverbrauchs in der EU erreichen. Für das Jahr 2020 gibt die Kommission Anteile von 8 % Bio­kraft­­stoffen, 10 % Biogas und 5 % Wasserstoff vor. Um diese Ziele zu erreichen, för­dert die EU Projekte mit alternativen Kraftstoffen. Ähnlich gehen die Behörden in anderen Regionen der Welt vor.
Strategie: von fossilem Diesel über BTL zu Wasserstoff
Um eine Verunsicherung von Unternehmen und Verbrauchern aufgrund der zahl­reichen genannten Alternativkraftstoffe zu vermeiden, ist eine klare und zukunfts­sichere Strategie notwendig. Daimler Trucks und Daimler Buses haben sie auf der Grundlage von rund drei Jahrzehnten an Erforschung und intensiven praktischen Versuchen in Fahrzeugen abgeleitet. Der Weg zum Kraftstoff der Zukunft führt von Diesel fossilen Ursprungs über BTL (Biomass To Liquid = Kraftstoff aus Biomasse) zu Wasserstoff für Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb.
Dieselkraftstoff wandelt sich
Dieselkraftstoff wird auf absehbare Zeit der Energieträger Nummer eins für schwere Nutzfahrzeuge bleiben. Weltweite Verfügbarkeit, eine ausgebaute Infrastruktur und die hoch entwickelte Technik der Motoren mit Blick auf Performance und Umwelt­schonung machen Diesel zur klaren Nummer eins unter den Treibstoffen. Allerdings wird sich der Diesel der Zukunft aus Gründen des Umweltschutzes, der Energie­kosten sowie der Sicherheit der Energieversorgung vom aktuellen Kraftstoff unter­scheiden.
Mit Blick auf den herkömmlichen Kraftstoff plädieren Daimler Trucks und Daimler Buses für schwefelfreien Dieselkraftstoff mit einem möglichst niedrigen Anteil von Aromaten, wie er in den klassischen Industrieländern verwendet wird. Bereits jetzt wird dem Dieseltreibstoff zunehmend Biodiesel beigemischt. Die EU nennt bereits für das Jahr 2010 einen Zielwert der Beimischung von 5,75 %.
Als Alternativkraftstoff gewinnt Biodiesel nicht nur in der EU, sondern in vielen Regio­nen der Welt an Bedeutung, etwa in der NAFTA-Region. Indes sind die An­for­derungen und Normen regional sehr unterschiedlich. Sie differieren zum Beispiel sehr erheblich zwischen Nordamerika, Brasilien und der EU. Hier ist eine Verein­heit­lichung wünschenswert. Gleiches gilt für alle anderen Bio- und Alternativ­kraftstoffe.
Biodiesel in Reinform verlangt Vorkehrungen
Biodiesel reduziert ganzheitlich betrachtet die CO2-Emissionen um etwa 50 Prozent. Er ist frei von Schwefel und Aromaten und biologisch abbaubar. Dem stehen bei hoher Konzentration Materialunverträglichkeiten mit einigen Kunststoffen und Gummi gegenüber, beeinträchtigte Eigenschaften bei Kälte, unzureichende Al­te­rungs­­beständigkeit und höhere Emissionen an Stickoxiden bei der Ver­brennung. Über die Beimischung hinaus ist bereits jetzt das Tanken von Biodiesel in Reinform für einige Fuhrparks ein probates Mittel, um Kosten zu sparen. Jedoch ist dies aufgrund der Eigenschaften von Biodiesel nicht ohne Einschränkungen möglich.
Alle Nutzfahrzeuge von Mercedes-Benz bis zurück zum Jahr 1988 besitzen eine Freigabe für Biodiesel, zunächst jedoch verbunden mit niedrigeren Ölwechselinter­vallen. Neue Lkw und Omnibusse von Mercedes-Benz sind ab Werk optional mit einer zusätzlichen Ausrüstung für Biodiesel zu bekommen, für im Verkehr befind­liche Fahr­zeuge ist eine Nachrüstung möglich. Mit diesem Paket aus modifizierten Steck­pum­pen der Einspritzanlage, Kraftstoff-Vorfilter mit beheiztem Wasser­ab­scheider und Zusatztank zur Verwendung von herkömmlichem Dieseltreibstoff für die Stand­heizung nähern sich die Ölwechselintervalle den Motoren mit konventio­nellem Diesel­kraftstoff an. Nicht zuletzt bleibt die Lebensdauer der Standheizung dank des Betriebs mit herkömmlichem Diesel erhalten.
Nicht möglich ist die Verwendung von Biodiesel bei Fahrzeugen mit Schad­stoff­ein­stufung nach EEV: Biodiesel erzeugt bis zu 20 % höhere Stickoxid-Emissionen als klassischer Diesel aus Erdöl.
Abzuraten ist dringend von der Verwendung unverresteter, nahezu unbehandelten Pflanzenölen in Nutzfahrzeugmotoren. Dieser Rohstoff für Biodiesel unterliegt nur unzureichenden Überprüfungen und verursacht Schäden an Ventilen, Einspritz­düsen, Kolben und Kolbenringen. Auch droht Ölverdünnung sowie eine teilweise Auf­lösung des Motoröls mit der Gefahr von teuren Folgeschäden.
NExBTL ergänzt sinnvoll Biodiesel
Im Gespräch ist die Beimischung von Biokraftstoffen in höherer Dosierung als die bislang bekannten 7 %. Daimler Trucks und Daimler Buses empfehlen innerhalb eines Vorschlags des VDA den Bio­kraft­stoff NExBTL als Beimischung. Er basiert auf hydrierten Pflanzenöle oder Tier­fetten und wird bereits industriell produziert. Ob Zu­mischung oder Verwendung in Reinform: NExBTL kann Dieselkraftstoff problem­los ergänzen oder partiell ersetzen.
BTL als Kraftstoff der Zukunft für Dieselmotoren
Biokraftstoffe der ersten Generation wie Biodiesel aus Raps und Sonnenblumen oder Bio-Ethanol aus Zuckerrüben und Getreide als Ersatz für Dieselkraftstoff nutzen nur einen Teil der Pflanzen. Sie stehen damit teilweise in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Gleiches gilt für NExBTL als hydriertes Pflanzenöl. Dies wird sich mit den Biokraftstoffen der zweiten Generation (BTL) ändern. Hier wird die ganze Pflanze zur Produktion von Kraftstoff verwendet. Das bedeutet einen gering­eren Flächenbedarf und gleichzeitig eine höhere Einsparung von CO2.
Diese BTL-Kraftstoffe synthetischer Herkunft geben Anlass zu großen Zukunfts­hoffnungen. Bei entsprechender Verarbeitung erreichen sie die gleiche Qualität wie Dieselkraftstoff und weisen eine hohe Energiedichte auf. BTL-Kraftstoffe können unverändert in Dieselmotoren genutzt werden, dem weltweit mit großem Abstand am weitesten verbreiteten Antrieb in Lkw und Omnibussen. Sie können die vor­han­dene Infrastruktur der Tankstellen nutzen und ebenso problemlos in einem beliebi­gen Verhältnis mit Dieselkraftstoff gemischt werden wie sie auch in reiner Form als unmittelbarer Ersatz dienen können. Nicht zuletzt schneiden sie in der CO2-Bilanz sehr günstig ab und die Erfüllung künftiger Emissionsgrenzwerte ist mit ihnen mög­lich. Nach Expertenmeinung können BTL-Kraftstoffe bis 20 Pro­zent des euro­päi­schen Kraftstoffbedarfs decken.
Langzeit-Praxistest von NExBTL in Actros und Atego
Flottentests mit Pkw hat der Kraftstoff bereits erfolgreich absolviert. Jetzt steht der nächste Schritt unmittelbar bevor: ein Langzeit-Flottentest mit 10 Mer­cedes-Benz Actros und Atego im Kundeneinsatz. Von Depots in Nürnberg und München ausge­hend, werden die Fahrzeuge drei Jahre lang im täglichen Betrieb erprobt.
Leise und wenig Abgase: Citaro CNG trägt Blauen Engel
Die aktuelle Alternative zum Dieselmotor im Stadtlinienbus heißt Erdgasantrieb. Der Mercedes-Benz Citaro ist sowohl als Solo- wie auch als Gelenkbus mit Erdgasmotor zu bekommen und bereits in rund 900 Einheiten im Einsatz. Der Citaro CNG ist mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnet worden, einem angesehenen Gütesiegel des Umweltbundesamtes für besonders umweltfreundliche Produkte. Als erster Stadt­linien­bus mit Erdgasantrieb unterschritt der Citaro CNG (CNG = Compressed Natural Gas) die Grenzwerte des Abgasstandards EEV.
Partikel- und Schwefeldioxid sind im Abgas des Motors praktisch nicht nachweis­bar. Die Emissionen von Stickoxiden liegen weit unter denen von Diesel- oder Ben­zin­­­motoren. Darüber hinaus läuft der Erdgasmotor besonders leise. Erdgas­moto­ren arbeiten nach dem Otto-Verfahren. Dank Turboaufladung verfügen die liegend ein­gebauten Reihensechszylinder im Citaro CNG trotzdem über eine hohe Durch­zugs­kraft. Die Tanks auf dem Dach sind auf Drücke von 500 bar ausgelegt, das ent­spricht 2,5-facher Berstsicherheit. Weltweit fahren Omnibusse von Daimler Buses mit CNG-Antrieb in großer Zahl in Australien, Thailand und Brasilien. In Nord­amerika bietet Orion ebenfalls Omnibusse mit Erdgasantrieb an.
Umweltfreundliches Kommunalfahrzeug: Econic mit Erdgasantrieb
Ein besonders großer Grad von Umweltfreundlichkeit ist auch bei Kommunal­fahr­zeugen gefragt. Die Antwort von Mercedes-Benz ist der Econic NGT mit einem auf­ge­ladenen Erdgasmotor. Der Spezialist im Kommunal-, Sammel- und Verteiler­ver­kehr fährt in rund 600 Exemplaren mit Erdgas auf den Straßen Europas. Auch er unter­schreitet die Grenzwerte von Euro 5 und EEV, auch er ist mit dem „Blauen Engel“ als besonders umweltfreundlich ausge­zeichnet worden und überzeugt neben geringen Abgas- ebenfalls mit niedrigen Geräuschemissionen.
Zu den Besonderheiten des Econic NGT zählen die Multipoint-Gaseinblasung mit Einzelspulenzündung und eine magere Auslegung zugunsten eines minimalen Ver­brauchs. Der Econic NGT ist in zahlreichen Ausführungen als Zwei- und Drei­achser bis 26 t zulässiges Gesamtgewicht zu bekommen. Die Gastanks sind seitlich des Rahmens sicher in einem Stahlkäfig montiert. Das Potenzial des Econic NGT de­mon­striert ein Fahrzeug in Göteborg: Start-Stopp-Einrichtung und ein Hybrid­an­trieb für den Müllsammelaufbau senken die Kraftstoffkosten um weitere 20 %. An Kraft fehlt es nicht: mit 205 kW (279 PS) und 1 000 Nm Drehmoment ist der Econic bestens motorisiert.
Für die Zukunft von Erdgasmotoren in Nutzfahrzeugen sprechen neben minimalen Emissionen an Schadstoffen auch ein, im Vergleich zu Dieselmotoren, deut­lich geringerer Ausstoß von CO2 sowie mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit die großen Gasvorräte der Erde. Ein vergleichsweise günstiger Erdgaspreis senkt darüber hi­naus die Betriebskosten. Auch die Politik setzt auf Erdgas als Kraftstoff: Im Jahr 2010 soll Erdgas in der Europäischen Union 2 % der gesamten Kraftstoff­menge ausmachen, im Jahr 2015 bereits 5 % und 2020 sogar 10 %.
Einschränkungen gibt es durch die aufwändige Speicherung in schweren Druck­tanks sowie in der eingeschränkten Infrastruktur. Doch die Entwicklung des Erd­gasantriebs ist nicht beendet: Für die Zukunft ist auch ein Econic NGT mit Hybrid­antrieb vorstellbar. Ebenfalls lässt sich der Econic mit Biogas betreiben.
Biogas kann Erdgas als Kraftstoff ergänzen
Biogas (Methangas) zählt als Alternative zu Erdgas ebenfalls zu den Kraftstoffen der Zukunft. Ein Beleg dafür sind die hohen Investitionen: Im vergangenen Jahr wurde allein in Deutschland erstmals mehr als eine Milliarde Euro in Biogasanlagen inves­tiert. Inzwischen sind rund 3 500 Anlagen im Einsatz, mehr als das Dreifache als zu Beginn des Jahrzehnts. Biogas wird aus Biomasse wie Energiepflanzen und orga­nischen Reststoffen gewonnen und kann über das bestehende Gasnetz verteilt werden. Die Emissionen sind sehr gering, auch entsteht bei seiner Verbrennung kein zusätzliches CO2, da Biogas aufgrund seiner pflanzlichen Herkunft Bestandteil des CO2-Kreislaufs der Erde ist. Biogas kann ohne Anpassung in Erdgasfahrzeugen eingesetzt werden. Die Einschränkungen in Bezug auf Speicherung und Infra­struk­tur sind mit Erdgas identisch.
Mit Wasserstoff und Brennstoffzelle zum Zero Emission Vehicle
Mit Biodiesel als Beimischung in geringer Dosierung, mit BTL-Kraftstoffen („SunDiesel“) als vollwertigem Kraftstoff für Dieselmotoren sowie mit Erdgas und später Biogas stehen umweltschonende und teils sogar CO2-neutrale Alternativ-Kraftstoffe schon jetzt oder in naher Zukunft bereit.
Die nächste Stufe führt dann zu Wasserstoff als Kraftstoff der Zukunft. Bisher noch überwiegend aus Erdgas und Erdöl gewonnen, wird Wasserstoff künftig mit Hilfe von regenerativen Energien, d.h. aus Wasserkraft, Wind- und Solarenergie ge­wonnen. Hierfür sind allerdings noch hohe Investitionen in eine entsprechende Infra­struktur notwendig. Mit um­welt­freundlich gewonnenem Wasserstoff als Ener­gie für Fahrzeuge mit Brenn­stoff­zellenantrieb wird dann die Vision vom Zero Emission Vehicle Wirklichkeit. Im Groß­versuch mit 36 Mercedes-Benz Citaro auf drei Kontinenten haben sowohl Wasser­stoff, über die Elektrolyse mit Wasserkraft gewonnen, als auch die Brennstoffzelle ihre Möglichkeiten bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
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